Kaum hat die Stadt über einen „Masterplan“ debattiert, geht es schon um das nächste Projekt. Mit der Aufnahme in das von Bund und Land getragene Städtebauförderprogramm „Kleinere Städte und Gemeinden – überörtliche Zusammenarbeit und Netzwerke“ entwickelt Niebüll gemeinsam mit den Umlandgemeinden Dagebüll, Galmsbüll und Risum-Lindholm Strategien und Maßnahmen, um frühzeitig auf die sich verändernden demografischen und wirtschaftlichen Strukturen zu reagieren und auch in Zukunft bedarfsgerechte Infrastrukturangebote bereitstellen zu können.
Bürger sollen sich beteiligen Diesen Entwicklungsprozess bezeichnet man als Daseinsvorsorge. Hierfür sind nach dem Baugesetzbuch zunächst vorbereitende Untersuchungen notwendig. Dabei sind die Bürger gefragt, sich stark zu beteiligen; sie dürfen online einen umfangreichen Fragenkatalog zu Verkehr, Mobilität, Vereinsleben, Schule, Jugendarbeit, Verwaltung, Freizeit, Kultur, Sport oder Pflege abarbeiten. Auch eigene Ideen sind dabei für die Fachleute interessant, diese können ausführlich dargestellt werden.
Bei der Auftaktveranstaltung stellte Felix Arnold vom beteiligten Hamburger Büro ALP Institut für Wohnen und Stadtentwicklung die Vorgehensweise dar. Am Eingang des Rathaussaales durften die Besucher zunächst mit blauen Pünktchen ihre Meinung zur aktuellen Lage in Niebüll inklusive der Zukunftsaussichten äußern. Die rund 30 Teilnehmer der Veranstaltung zeigten sich in der Mehrzahl zufrieden und positiv gestimmt. Dann ging es gleich ans Eingemachte. So wollte Jürgen Nolte wissen, warum es in Niebüll nicht eine Bierbar wie in Dagebüll gebe. Er machte gleich einen Vorschlag: „In der heutigen Stadtbücherei war früher der Bökingharder Hof – hier bietet sich Platz für ein Lokal, das die Stadt betreiben kann.“
Bürgermeister Wilfried Bockholt oder Büchereileiter Ronald Steiner am Zapfhahn – das konnte sich gleich jeder mit einem leichten Schmunzeln vorstellen. Die Bücherei könne woanders untergebracht werden, so der Anwohner aus der Hauptstraße. Ironie des Schicksals: Bauamtsleiter Udo Schmäschke berichtete, dass man vor 30 Jahren ganz bewusst die Bücherei mit Städtebaumitteln aus der Peripherie der Marktstraße ins Zentrum geholt habe, um die City zu beleben.
Gewerbliche Projekte nicht vorgesehen Der Stadtplaner griff den Ball auf und meinte, gewerbliche Ideen seien für das Konzept nicht vorgesehen. Es gehe vielmehr um Maßnahmen für die Allgemeinheit wie ein neuer Bürgertreff, die Sanierung eines Kurparks oder die Bereitstellung von Grundstücken für altersgerechtes Bauen.
Wie berichtet, hatte die Stadt bereits 2017 Bereiche der „Siedlung“ inklusive Begegnungstätte und Sportlerheim als mögliches Sanierungsgebiet benannt. Durch vor allem energetische Baumaßnahmen könnten rund 180 Wohneinheiten, die geschätzt zu 50 Prozent im Besitz der Gewoba sind, gesichert werden. „Wir gehen jetzt einen Schritt zurück“, erläuterte Schmäschke, „Das Verfahren sieht vor, alle Anregungen der Bürger zu sammeln.“
Um die Onlinebefragung zu unterstützen, erhalten rund 4000 Haushalte im April Post. Eine Lenkungsgruppe der Stadt bereitet gemeinsam mit dem Planerbüro eine öffentliche Anhörung vor. „Die Veranstaltung wird noch vor den Sommerferien stattfinden“, kündigte der Bürgermeister an. Bis Ende des Jahres soll in enger Abstimmung mit den Bürgern ein Maßnahmenpaket erarbeitet worden sein. „Aus einem Bündel von 30 bis 40 Projekten werden dann die vordringlichen Aufgaben ausgewählt“, sagte Felix Arnold abschließend. Für die noch nicht benannten Ausgaben würden durch die Förderung die Kosten zu zwei Dritteln vom Land beziehungsweise Bund getragen. Der Auftakt ist gelungen: Nach der Veranstaltung wurden von vielen Teilnehmern schriftlich Kritik geäußert und Wünsche konkret benannt.
Arndt Prenzel, Nordfriesland Tageblatt 15. März 2019