Wenn Eltern suchtkrank sind

Neues Gruppenangebot im Diakonischen Werk Südtondern für Kinder auf Sylt

Sylter Spiegel, Mi, 04. Mär 2020

 

Insel Sylt.(red/nk) Millionen Deutsche trinken zu viel oder leiden unter der Krankheit Alkoholismus – der verbreitetsten Suchterkrankung in Deutschland. Schätzungsweise 2,65 Millionen Kinder in der Bundesrepublik wachsen in einer Familie auf, in der Alkoholismus herrscht. Etwa 40.000 bis 60.000 Kinder leben mit Eltern zusammen, die von illegalen Drogen abhängig sind. Viele Studien weisen darauf hin, dass Kinder von Eltern, die von Alkohol oder anderen Drogen abhängig sind, ein großes Risiko tragen, in ihrem späteren Leben Probleme zu haben. Diese Kinder stellen auch die größte bekannte Sucht-Risikogruppe dar.

Kinder leiden immens unter der Sucht in ihren Familien. Als Reaktion auf die meist angespannte Situation zuhause zeigen sie in Schule und Kindergarten auffällige Verhaltensweisen. Eines der verhängnisvollsten Probleme ist, dass sie meist niemanden haben, mit dem sie über ihre Bedürfnisse, Ängste und Hoffnungen sprechen können. Zuhause übernehmen sie häufig die Rolle von Erwachsenen, oder aber sie übernehmen die Verantwortung, indem sie sich um jüngere Geschwister kümmern, einkaufen und die Hausarbeit übernehmen. So haben sie häufig nicht die Gelegenheit, eine kindgerechte und weitgehend unbeschwerte Kindheit zu erleben und sich zu einem belastbaren und selbstbewussten Erwachsenen zu entwickeln. Im Gegenteil: Überdurchschnittlich häufig bilden diese Kinder im späteren Erwachsenenalter eine eigene Suchterkrankung aus.

Ab sofort wird unter der Leitung von Antje Bergmann-Kupfer (Foto) im BBZ Sylt ein neues stärkendes Gruppenangebot für Kinder im Alter von acht bis zwölf Jahren – die „Schatzsucher-Sylt“ – angeboten. In der Kindergruppe wird es um einen Freiraum für Kinder gehen. Dazu gehören gemeinsame Ausflüge und Unternehmungen, spielen und Zeit für Gespräche und Austausch der Kinder untereinander. Auch Infos und das Wissen über eine Suchtentstehung sowie der Schutz davon, bekommen sie in der Gruppe vermittelt. Große Entlastung erfahren Kinder, indem sie die Gelegenheit haben, andere Kinder kennenzulernen, die sehr ähnliche Situationen zuhause erleben.

Aufräumen möchte Bergmann-Kupfer mit dem immer noch weit verbreiteten Vorurteil, dass ein Mensch an seiner Suchterkrankung selbst schuld sei. Eine Suchterkrankung kann unter bestimmten Bedingungen jeden treffen: Wir alle hier sind dem immer mehr zunehmenden gesellschaftlichen Druck ausgesetzt. Die voranschreitende Digitalisierung bringt nur allzu häufig Vereinsamung und psychische Erkrankungen in einer mit Reizen überfluteten Umwelt mit sich. Da ist es häufig nachvollziehbar, dass – um im Alltag zu funktionieren – zu beruhigenden oder aufputschenden Mitteln gegriffen wird.“ Die Elternrolle – oft bei gleichzeitiger Erwerbstätigkeit – stelle für viele eine herausfordernde Doppelbelastung dar. 

Ermutigen möchte Bergmann-Kupfer Eltern und Angehörige, die interessiert sind, gern zu einem unverbindlichen und anonymen Informationsgespräch über die Kindergruppe ins BBZ zu kommen. „Mein Anliegen ist  die gemeinsame Stärkung der Kinder so weit wie möglich mit Hilfe der Unterstützung der Eltern aufzubauen. Dies kann nur in einem vertrauensvollen Miteinander gelingen“, so Antje Bergmann-Kupfer.

Für weitere Infos oder Anmeldung zur Kindergruppe „Schatzsucher-Sylt“ melden sich Interessierte im BBZ Sylt, Kirchenweg 37, unter 04651 / 822 20 20 oder per E-Mail an bbz-sylt@dw-suedtondern.de.